GRUNDBILDUNG & ALPHABETISIERUNG

 

 
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Dieses „Leseexperiment“ kennen Sie vielleicht schon und Sie sind erstaunt, dass Sie diesen Buchstabensalat so leicht entziffern können. Was für Sie eine nette Abwechslung und ein kleiner Spaß im Freundeskreis ist, ist für andere Menschen in Deutschland Alltag und stellt ein unüberbrückbares Hindernis dar. Für sie sind Buchstaben und Zahlen etwas Unbekanntes, Bedrohliches und dabei sind sie allgegenwärtig und bestimmen den Selbstwert, das Selbstvertrauen und letztendlich die Würde des Einzelnen.


Bei uns in Deutschland?
Analphabetismus und mangelnde Grundbildung sind gar nicht so selten in Deutschland. Die leo. – Level-One Studie hat 2011 erstmals gesicherte Daten über den Umfang des sog. Funktionalen Analphabetismus in Deutschland erhoben.


Sie kam zu dem Ergebnis, dass in Deutschland mehr als 14 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung (18 bis 64 Jahre) sog. funktionale Analphabeten sind. Das sind rund 7,5 Mio. Menschen. Heruntergebrochen auf unseren Heimatlandkreis heißt das, dass etwa 50.000 Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Ludwigsburg davon betroffen sind.

 

Die Betroffenen können zwar einzelne Sätze lesen oder schreiben, nicht jedoch zusammenhängende Texte, auch wenn sie kürzer sind. Aufgrund ihrer begrenzten schriftsprachlichen Kompetenzen können diese Menschen nicht angemessen am gesellschaftlichen Lebenteilhaben. Sie scheitern beispielsweise am Lesen von schriftlichen Arbeitsanweisungen oder von Packungsbeilagen in Medikamenten.

  

 


Hinzu kommen über 25 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung in Deutschland, die trotz eines gebräuchlichen Wortschatzes fehlerhaft schreiben. Das heißt, dass etwa 13 Mio. Menschen auch gebräuchliche Wörter langsam oder fehlerhaft lesen und schreiben und die Rechtschreibung, wie sie bis zum Ende der Grundschule unterrichtet wird, nicht ausreichend beherrschen. Das hat zur Folge, dass die Betroffenen häufi g das Lesen und Schreiben vermeiden und die fehlenden Kompetenzen in der Regel unerkannt bleiben. Von funktionalem Analphabetismus sind in erster Linie Männer (60 %), Ältere ab 50 Jahren (30 %), Menschen mit Erstsprache Deutsch (58 %), Menschen mit Hauptschulabschluss (47 %) und Erwerbstätige (57%) betroffen.

Was bedeutet das konkret?
Diese Zahlen sind erschreckend und gleichzeitig erstaunlich, leben wir doch im Land der Dichter und Denker, in dem allgemeine Schulpflicht herrscht und das als hoch technologisierter Standort im globalen Wettbewerb gilt. Die Ursachen sind vielfältig und sowohl individuell als auch gesellschaftlich zu verorten. Was aber viel interessanter und gleichzeitig brisanter ist, sind die individuellen und die gesellschaftlichen Auswirkungen, die diese Sachlage mit sich bringt. Unzureichende Bildung verursacht hohe Kosten: aus wirtschaftlicher und aus gesellschaftlicher Perspektive. Es werden wertvolle Ressourcen in Unternehmen, in Verwaltungen, in allen sozialen Systemen, in Familien, in Vereinen etc. gebunden.


Was ist Grundbildung genau?

Grundbildung befähigt den Menschen zu einem selbstverantwortlichen und selbstbestimmten Leben. Es geht dabei nicht nur um Lesen und Schreiben oder um beruflich verwertbare Fähigkeiten. Es geht um all jene Kompetenzen, die die gesellschaftliche Teilhabe eines jeden Einzelnen ermöglichen, sei es persönliche, politische, soziale oder kulturelle Teilhabe.
 


„Grundbildung für alle bedeutet, dass Menschen ungeachtet ihres Alters die Möglichkeit haben, als Einzelne oder in der Gemeinschaft ihr Potential zu entfalten. Sie ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht und eine Verantwortung gegenüber anderen und in der Gesellschaft als Ganzes. Es ist wichtig, dass die Anerkennung des Rechts auf lebenslanges Lernen von Maßnahmen flankiert wird, die die Voraussetzungen für die Ausübung dieses Rechts schaffen.“

 

Hamburger Deklaration zum Lernen im Erwachsenenalter
UNESCO-Weltkonferenz 1997
 

 

Eine gute (Grund-) Bildung hat nicht nur für den einzelnen einen hohen „Mehrwert“, indem Lebenschancen erhöht werden. Auch für alle gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Bereiche gilt: Bildung tut gut, Bildung lässt Teilhabe zu, Bildung stärkt den Einzelnen und die Gesellschaft.


Was muss geschehen?
Besonders vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung kann es also nur eine politische Forderung geben: mehr Grundbildung, mehr Alphabetisierung und mehr weitergehende Allgemeinbildung! Das Thema Grundbildung muss zu einem zentralen Thema erhoben werden. Es bedarf dabei der Zusammenarbeit verschiedener Einrichtungen, Behörden und Unternehmen vor Ort. Nur im Verbund verschiedener Partner in den Kommunen kann diese verantwortungsvolle Aufgabe gelingen.

 

Die Schiller-Volkshochschule Kreis Ludwigsburg nimmt sich dieser Aufgabe an und wird den Fachbereich als Querschnittsaufgabe, die alle Fachbereiche der Volkshochschule betrifft, in Zusammenarbeit mit verschiedenen Kooperationspartnern systematisch aufbauen.


Wer macht mit?
Möchten Sie dabei sein, diese Herausforderung zu gestalten? Haben Sie Ideen, Anregungen oder möchten Sie mit uns zusammenarbeiten? Sprechen Sie uns an!


Wir arbeiten derzeit an der Vorbereitung einer Auftaktveranstaltung, an der Entwicklung von Kursideen und am Aufbau von Kontakten zu Behörden, die an einem Fortbildungskonzept für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in kommunalen Einrichtungen, Einrichtungen der Arbeitsförderung oder Kindertagesstätten interessiert sind.

 

Ihre Ansprechpartnerin:

JULIA EBENHOFER
Fachbereichsleiterin
Grundbildung & Alphabetisierung

Hauptstraße 79
74321 Bietigheim-Bissingen

Tel. 07142 74-7960
(dienstags bis donnerstags, jeweils 8.30-13.30 Uhr)
E-Mail: julia.ebenhofer@schiller-vhs.de